Strom vom Nachbar
Strom soll dort verbraucht werden, wo er produziert wird – so die Idee des Projekts «Quartierstrom». Im September 2018 ging in Walenstadt im Rahmen eines Leuchtturmprojekts des Bundesamts für Energie der erste lokale Strommarkt der Schweiz in Betrieb. Die Bewohner des Quartiers handeln lokal produzierten Solarstrom untereinander; Kauf und Verkauf werden über eine Blockchain abgewickelt.
Der erste lokale Strommarkt der Schweiz
Die Energieversorgung ist im Umbruch. Der Strom kommt nicht mehr nur aus Grosskraftwerken, immer häufiger werden auch Hausbesitzer zu Stromproduzenten. Sie nutzen den Strom so weit wie möglich selbst, Überschüsse verkaufen sie dem lokalen Energieversorger. Doch wäre es nicht sinnvoller, den Strom direkt in der Nachbarschaft zu vermarkten? So würde ein Teil des Solarstroms vor Ort verbraucht, Photovoltaikanlagen wären rentabler und die Netze würden entlastet. Aus solchen Überlegungen entstand das Projekt «Quartierstrom», an dem mehrere Hochschulen und Partner aus der Industrie, u.a. massgeblich auch das Bosch IoT Lab, welche die Blockchain Technolgie dazu lieferte, beteiligt sind. Seit Juni 2019 ist auch Bosch Digital Solutions im Projekt vertreten, die auf dem Valungenhof einen intelligenten Kühlschrank demonstrieren. Unterstützt wird das Projekt vom Bundesamt für Energie BFE im Rahmen des Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprogramms.
In Walenstadt baut das Projektteam in enger Zusammenarbeit mit dem Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW) einen lokalen Strommarkt auf, in dem Strombezüger und Besitzer von Photovoltaikanlagen untereinander den Strom handeln können, der auf den eigenen Dächern produziert wird. Über 30 Haushalte – mit und ohne Photovoltaikanlage – haben sich bereits entschieden, an diesem Markt teilzunehmen. Eingebunden werden zudem ein Stromspeicher und eine Schnellladestation für Elektroautos, die ausserhalb des Quartiers liegt.
Teilnehmer gestalten mit
Der Handel des Stroms wird automatisch über eine Blockchain abgewickelt, Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Käufer und Verkäufer können in einer App angeben, zu welchen Bedingungen sie Strom kaufen oder verkaufen möchten. Sie bestimmen z.B., ob der Strom möglichst günstig sein soll oder ob sie möglichst nur erneuerbaren Strom aus der Nachbarschaft beziehen möchten. Wie gut ein lokaler Strommarkt funktioniert, hängt nicht nur von der Technik ab, sondern auch vom Verhalten der Teilnehmenden. Deshalb erforscht das «Bits to Energy Lab» der ETH Zürich, welche Vorbehalte gegenüber einem lokalen Strommarkt existieren, über welche Argumente sich Teilnehmende motivieren lassen oder wie sie in den Handel eingreifen möchten. Dazu finden auch Workshops mit Besitzern von Photovoltaikanlagen und mit Stromkonsumenten statt. Die Resultate daraus fliessen unter anderem in die Entwicklung der App ein.
Automatisierter Handel dank Smart Metern und Blockchain
Die Haushalte des lokalen Strommarkts werden mit einem erweiterten Smart Meter ausgerüstet, der den Stromverbrauch und die Solarstromproduktion misst. Das Gerät kann auch Batteriespeicher oder Elektroboiler steuern und diese automatisch einschalten, wenn das Angebot an Solarstrom aus dem Quartier hoch ist. Die Smart Meter kommunizieren mit der Blockchain, die den Handel abwickelt und Buch führt über den gehandelten Strom. Diese Transaktionen sollen möglichst wenig Strom verbrauchen. Dazu evaluiert das Projektteam geeignete Blockchain-Technologien, die dann implementiert werden.
Da der Strom nur lokal übertragen wird, fallen für die Bezüger tiefere Netzkosten an als im heutigen Netz. Dadurch sind die Strompreise tendenziell tiefer als beim Energieversorger. Auch für die Produzenten von Solarstrom ist der Verkauf an die Nachbarn lukrativ. Denn wenn sie den Strom dem Energieversorger verkaufen, erhalten sie deutlich weniger, als der Strom vom Netz kostet. Es ist anzunehmen, dass die Konsumenten innerhalb des lokalen Strommarkts bereit sind, gleich viel für den lokalen Strom zu bezahlen wie für die Elektrizität vom Netz. So zumindest lässt es die Theorie erwarten. Wie sich aber die Teilnehmenden verhalten, wie sich die Preise entwickeln oder wie viel Solarstrom tatsächlich lokal abgesetzt wird, wird erst der Praxistest zeigen. Dazu Verena Tiefenbeck, Leiterin des «Bits to Energy Lab» der ETH Zürich: «Unser Ziel ist, ein praxistaugliches Konzept zu entwickeln und die nötigen Rahmenbedingungen festzulegen. So wollen wir die Grundlagen schaffen, damit lokale Strommärkte in der Praxis aufgebaut werden können.»
Erfahren Sie hier mehr über das Quartierstrom Projekt
Erfahren Sie hier mehr über den intelligenten Kühlschrank
Bildquelle: Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW), Gian Vaitl
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